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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Zukunft der menschlichen Zivilisation: Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit

12. Mrz 2017

pax christi München traf sich am 11.März zu seiner diesjährigen Diözesanversammlung bei der Gruppe St. Hildegard München-Pasing. Am Vormittag berichtete Peter Bürger von der römischen Konferenz Konferenz zum Thema „Gewaltfreiheit und gerechter Friede" im Vorjahr.

Knapp 30 Mitglieder des pax Christi Diözesanverbands München und Freising waren der Einladung zur Diözesanversammlung in der Pfarrei St. Hildegard in München-Pasing am Samstag, 11. März, gefolgt. Den Auftakt dieser jährlichen Zusammenkunft bildete der Vortrag des katholischen Theologen und Publizisten Peter Bürger aus Düsseldorf zum Thema „Zukunft der menschlichen Zivilisation: Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit. Die internationale katholische Friedenskonferenz in Rom 2016“.  Der aktive Pazifist Peter Bürger ist seit seinem 18. Lebensjahr Mitglied bei pax christi. Zu seinen besonderen Forschungsschwerpunkten gehört der Bereich „Krieg und Massenkultur“. Für seine Studie „Kino der Angst“ wurde er 2006 mit dem Bertha-von-Suttner-Medienpreis ausgezeichnet.

Peter Bürger war einer von 85 Teilnehmenden aus aller Welt – die meisten von ihnen aus Regionen mit Krieg und Gewaltkonflikten – bei der ersten gemeinsamen Konferenz von Pax Christi International und dem Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden: „Gewaltfreiheit und gerechter Friede. Zum katholischen Verständnis von Gewaltfreiheit beitragen“ vom 11.-13. April 2016 im Vatikan. Diese Konferenz hat wichtige Impulse gesetzt und ist international stark beachtet worden. Als Antwort auf diese Konferenz hat Papst Franziskus in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag Anfang 2017 einen grundlegend neuen Politikstil der Gewaltfreiheit eingefordert. Die Teilnehmenden an der Konferenz haben den Pontifex in ihrem Schlussappell um eine Friedensenzyklika über Gewaltfreiheit und gerechten Frieden gebeten.

„Menschlich bereichert und begeistert vom geschwisterlichen Verhältnis“, ist Peter Bürger von der Konferenz zurückgekehrt. In den Gesprächen und Vorträgen[1] habe er die Weite der Weltkirche gespürt. Gleichzeitig sei er aber darüber enttäuscht, dass die deutschen Bischöfe die Impulse von Papst Franziskus zur Gewaltfreiheit bisher nicht aufgegriffen haben und diese Lehrtradition der Kirche nicht stärker zum Ausdruck gebracht wird. Er erinnerte daran, dass die Friedensbewegung in den letzten Jahrzehnten praktisch aussichtslos gegen Kriege, Terror, Atomwaffenstationierung etc. protestiert habe – Symbol dieser Ohnmacht sei das Motiv der Ökumenischen Friedensdekade 2010: eine ans Kreuz genagelte Friedenstaube.

Die Friedentaube, die energisch mit der Faust auf den Tisch schlägt – das Motiv der Ökumenischen Friedensdekade 2017 (Thema: „Streit“) – sei hingegen das Symbol einer neuen, selbstbewussten Friedensbewegung der letzten Jahre, die sich darauf berufen kann, dass eine deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung Krieg als Mittel der Politik ablehnt, sowie keine Auslandseinsätze der Bundeswehr, Rüstungsexporte und Atomwaffen in Deutschland will.

Bürger schilderte dann einige theologische Aspekte zur Gewaltfreiheit. So erinnerte er daran, dass die Gewaltfreiheit der Bibel einen zentralen Stellenwert in der Kirche gehabt hat. Jesus selbst habe eine radikale Gewaltfreiheit gepredigt und zum gewaltfreien Widerstand aufgerufen. In den ersten drei Jahrhunderten wurden Christsein und Militärdienst für unvereinbar gehalten. Auch in den anderen Religionen und Kulturen sei die Weisheit der Gewaltfreiheit enthalten. Gewaltfreiheit beginne in der Auseinandersetzung mit sich selbst, in der Familie bzw. mit anderen Menschen. Statt im Streit Vorwürfe zu äußern, solle man seine Bedürfnisse nennen, so der US-amerikanische Psychologe Marshall B. Rosenberg, der das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation entwickelte. Bürger rief dazu auf, die Schönheit dieser Bedürftigkeit zu ergründen.

Abschied von der Kriegsideologie – Gewaltfreiheit als Alternative

Bürger verwies darauf, dass eines der Grundanliegen der Konferenz gewesen sei, die Ideologie des „Gerechten Kriegs“ zu entlarven: der menschenfreundliche Krieg sei ein Märchen. Die sog. „humanitären Interventionen“ hätten zumeist nur neue Gewalt produziert, militärische Lösungen und Gewalt funktionierten nicht. In den letzten 25 Jahren – seit Beendigung des Ost-West-Konflikts – habe nachweislich kein Kriegseinsatz sein Ziel erreicht, weltweit werde jährlich die astronomische Summe von 1.700 Milliarden Dollar in den Militärapparat gesteckt, von dem allein Rüstungsproduzenten und Kriegsindustrien profitierten.

In einer neuen Broschüre von pax christi seien hingegen 55 Erfolge für aktive Gewaltfreiheit aus den vergangenen hundert Jahren angeführt, darunter auch der indische Freiheitskampf Mahatma Ghandis oder die „Rosenkranzrevolution“ gegen den philippinischen Diktator Marcos. Die Konferenzteilnehmenden aus Kriegs- und Konfliktregionen teilten die Überzeugung, dass es zur Gewaltfreiheit keine Alternative gibt, auch wenn diese keine Garantie für Erfolg bietet und Opfer kosten kann. Die Weltgemeinschaft müsse sich nun entscheiden, ob sie weiterhin den Unsummen verschlingenden Kriegsapparat am Laufen halten wolle oder in eine Friedensinfrastruktur investiert mit Lebensindustrien und Forschung zu zivilen Alternativen zum Krieg. Bisher konnte die Friedenslogistik noch nicht intensiv entwickelt werden, da hierfür viel zu wenig Mittel zur Verfügung stehen, so Bürger. Er rief in diesem Zusammenhang zu einer neuen PR-Strategie der Friedensbewegung auf, diese müsse die horrenden Summen des Weltkriegshaushalts in plakativer Weise, mit starken Bildern und frechen Ideen darstellen, ebenso wie auch gewaltfreie Alternativen.

Teilen, nicht töten! Das neue Paradigma „Gerechter Friede“ beim Wort genommen

Für die Umsetzung des neuen Paradigmas „Gerechter Frieden“ formulierte Bürger drei Axiome: kein Frieden ohne Recht, kein Frieden ohne Gerechtigkeit, kein Friede ohne Friedenskultur.

Mit UNO und Völkerrecht sei nach 1945 eine neue zivilisatorische Perspektive geschaffen worden. Auch in der Enzyklika „Pacem in Terris“ (1963) heißt es, Aufgabe des Staates ist es, das Gemeinwohl zu fördern. Dies impliziert die Notwendigkeit der gerechten Verteilung der (von Gott gegebenen) Güter. In diesem Sinne hatte Papst Johannes Paul II. in seiner Friedensbotschaft 1972 aufgerufen: „Willst Du den Frieden, so arbeite für die Gerechtigkeit“. Auch Papst Franziskus hat mit den Worten „Diese Wirtschaft tötet“ in seinem Lehrschreiben „Evangelii Gaudium“ (2013) die ungleiche Verteilung des Reichtums als die wichtigste Ursache aller sozialen Übel und von Gewalt angeprangert: „Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden, indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen“, schreibt der Papst. Bürger kritisierte, dass die deutschen Bischöfe sich zu dieser Thematik bisher viel zu wenig geäußert hätten. So käme z. B. im Weißbuch 2016, dem Jahresbericht der Bundesregierung zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die geostrategische und ökonomische Interessenssicherung Deutschlands als Zielvorgabe für militärische Planungen klar zum Ausdruck, gegen die sich die Kirchen und Kirchengemeinschaften wehren müssten, da sie der christlichen Lehre widerspricht. In diesem Zusammenhang wies Bürger auf eine inzwischen von mehr als 3.000 Christinnen und Christen unterzeichnete ökumenische Erklärung „Treue zum Evangelium und Bekenntnis zum Gott des Friedens“ hin (http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/aktionen/004080), die vom „Ökumenischen Friedensnetz Düsseldorfer Christinnen und Christen“ initiiert wurde. Dass auch die Alltagskultur militarisiert ist, machte Bürger daran fest, dass den Jugendlichen vorrangig eine gewalttätige Unterhaltungskultur (in Filmen und PC-Spielen) geboten wird, sog. „Militainment“. Eine positive Kultur der Liebe zum Leben fehle. Auch der Islamische Staat kopiere mit Erfolg westliche Medienformate für seine Zwecke. Bürger plädierte für eine Kultur der Achtung und Erfahrung der Menschenwürde, sowie eine Stärkung der Rolle der UNO in der Weltgemeinschaft.

„Entweder wir ändern uns, oder wir gehen gemeinsam unter“, so fasste es Befreiungstheologe Leonordo Boff zusammen. Die Weltgesellschaft brauche für die notwendige Neuausrichtung der Zivilisation ein zentrales, kraftvolles Bild der Ermutigung: „One human family“, so Bürger. Dieses Imago der einen Menschheit ist in vielen Überlieferungen und Bewegungen auf dem ganzen Globus verankert. Die Impulsgruppe „One human family“ hat hierzu einen Beitrag zur katholischen Lehre „Humani generis unitas“ (Von der Einheit des Menschengeschlechts) für das dritte Jahrtausend verfasst (http://lebenshaus-alb.de/magazin/009847.html), den Peter als Mitglied dieser Gruppe bei der Konferenz von Pax Christi International in Rom vorstellte. In dem Beitrag wird kritisiert, dass „das aggressive Zivilisationsprogramm ‚Geldvermehrung – Macht – Krieg´ kommenden Generationen die Zukunft verbaue. Es verbreitet Traurigkeit und Fatalismus. Die Gegenbewegung tritt ein für den Weg der gleichberechtigten Zusammenarbeit aller Kontinente, Regionen, Kulturen, Weltanschauungsgemeinschaften und Religionen. Sie braucht ein starkes Symbol, das gute Kräfte freisetzt. Hier kommt die katholische Lehrtradition ‚Humani generis unitas’ ins Spiel“. Diese sei von Johannes XXIII. und allen seinen Nachfolgern bezeugt worden und gehöre zu den zentralen Botschaften des Zweiten Vatikanums, so der Text. Die Gruppe appelliert, dass „die Weltkirche sich, den ganzen Erdkreis und die zukünftigen Generationen mit einer festlichen Bezeugung des Dogmas von der Einheit des Menschengeschlechts beschenken könnte“.

Im zweiten Teil der Diözesanversammlung berichtete der Diözesanvorstand über die Aktivitäten des vergangenen Jahres und gab einen Ausblick auf Initiativen für das Jahr 2017, dazu gehören die Themen „Konflikt Israel-Palästina“, „Europa“ (u. a. mit einer Brüsselreise im Mai 2016 und einem Begegnungswochenende 2017 in Armstorf), die Beteiligung an der Internationalen Münchner Friedenskonferenz, an den Münchner Friedenswochen im Rahmen der Ökumenischen Friedensdekade, sowie die Einladungen an Pfarreien im Erzbistum München und Freising zur Mitwirkung an friedenspolitisch wichtigen Ereignissen wie Hiroshima-Gedenken, Weltfriedenstag usw. Bei der Bildungsgala der Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung (KEB) wurde pax christi München & Freising 2016 mit dem Bildungsbären für sein innovatives Projekt zu „Bildung durch Begegnung“ (Kurzfilm über das Begegnungswochenende zum Thema „Grenzerfahrungen“ mit Flüchtlingen) ausgezeichnet.

Die pax christi-Bewegung im Erzbistum München und Freising wählte für die Jahre 2017 und 2018 als einen Schwerpunkt das Thema Friedensbildung und wird Angebote zum Thema Frieden für kirchliche Bildungseinrichtungen der Diözese – z. B. für Schulen (ReligionslehrerInnen), Jugendgruppen, Studierendengemeinden, Pfarreien (Erstkommunion-/Firmvorbereitung) etc. – erarbeiten.

Die Diözesanversammlung kritisierte im Hinblick auf die bevorstehende Streichung der Finanzmittel für pax christi durch den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) die völlige Intransparenz des Vorgangs. Auf die Frage, nach welchen Kriterien pax christi in die Kategorie „unwichtig“ eingestuft worden ist, hat pax christi bisher keine Antwort erhalten. Der Diözesanvorstand informierte die Mitglieder, dass durch die  Streichung der VDD-Gelder die Stelle der Generalsekretärin der pax christi Deutschen Sektion gefährdet sei und erklärte, dass bereits mehrere Protestaktionen  Pressemitteilungen, Leserbriefen und Unterschriftensammlung gegen die Streichung angelaufen sind. pax christi habe dabei viel Solidarität erfahren. 

Der Vorstand kündigte an, dass die jährlich stattfindende Wallfahrt am 22. Juli 2017 von Hebertshausen nach Dachau führt und das Begegnungswochenende in Armstorf zum Thema: „Europa“ am 29./30. September 2017.

Ein großes Dankeschön des Diözesanvorstand galt vor allem der pax christi Gruppe St. Hildegard, die für den Rahmen und die Verpflegung gesorgt hatte und der Pfarrei, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellten.


Die Berichte des Diözesanvorstands stehen zum Download zur Verfügung.

Das geistliche Wort sowie der Vortrag von Peter Bürger stehen als Video zur Verfügung. 

 

Bericht: Marion Wittine

[1] Die fünf Grundsatzreferate wurden gemeinsam mit vier Vorbereitungstexten zur Konferenz aus Deutschland von der Deutschen Sektion von pax christi als Impulsheft Nr. 34 in deutscher Übersetzung herausgegeben (Berlin 2016), 



 

Dateien zum Download

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